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Seelische Belastung am Arbeitsplatz: "Gut aufeinander schauen"

Psychische Erkrankungen sind die vierthäufigste Ursache von Krankenständen in Österreich. "Erste Hilfe für die Seele" von Pro Mente Austria bildet Mitarbeitende und Führungskräfte zu Helferinnen und Helfern in mentalen Krisensituationen am Arbeitsplatz aus.

Seelisch belastet: Signale für psychische Erkrankungen zu erkennen ist Teil der Seminare.
Seelisch belastet: Signale für psychische Erkrankungen zu erkennen ist Teil der Seminare.

Psychischer Gesundheit am Arbeitsplatz wird nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit zuteil - trotz der steigenden Zahl an Krankenständen, die auf psychische Erkrankungen zurückzuführen sind. In vielen Unternehmen fehlt es an Wissen über den Umgang mit seelisch belasteten Kolleginnen und Kollegen. Hier sollen auch Führungskräfte stärker ins Visier genommen werden, wie Günter Klug, Präsident Pro Mente Austria, bestätigt: "Zu den Aufgaben von Führungskräften zählt auch zu erkennen, wenn es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seelisch nicht gut geht, und entsprechend zu reagieren."

"Erste Hilfe für die Seele": neues Programm von Pro Mente zur Erkennung psychischer Erkrankungen

Aus diesem Grund hat die Vereinigung ein neues Programm ins Leben gerufen: "Erste Hilfe für die Seele". In zwölfstündigen Seminaren werden Interessierte ausgebildet, Anzeichen psychischer Erkrankungen zu erkennen. "In unseren Seminaren lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer praxisnah, wie sie Signale für psychische Erkrankungen erkennen und darauf reagieren können. Das ist schließlich genauso wichtig, wie zu wissen, wie man eine Herzdruckmassage durchführt", ist Projektleiterin Romina Holzmann-Schöpf überzeugt. Für Führungskräfte gibt es zudem einen eigenen vierstündigen Workshop. "Besonders wichtig ist uns, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Inhalte direkt in ihren Arbeitsalltag integrieren können", meint Josef Demitsch, Trainer und Ausbildungsleiter.

Wie darf man sich das konkret vorstellen? "Sie bekommen eine Einführung zu psychischen Erkrankungen und ihren Zusammenhang mit der Arbeitswelt. Danach besprechen wir Anzeichen und Warnsignale und üben in Rollenspielen den passenden Umgang damit", so Demitsch.

Neben Ikea arbeiten auch bei Stiegl Absolventinnen und Absolventen der "Erste Hilfe für die Seele"-Seminare von Pro Mente Austria.

Wie sieht es mit dem Mehrwert des Kurses "Erste Hilfe für die Seele" aus?

"Einerseits konnten die Stieglerinnen und Stiegler ihr Bewusstsein für die Bedeutsamkeit von psychischer Gesundheit im Arbeitskontext innerhalb der Unternehmensgruppe schärfen beziehungsweise wurden dafür sensibilisiert", erläutert Kerstin Vockner, Leiterin Personalwesen bei Stiegl. "Andererseits ist es uns wichtig, den Mitarbeitenden zu vermitteln, dass offen über mental herausfordernde Situationen gesprochen werden kann."

Das Angebot von Pro Mente Austria soll künftig weiter ausgebaut werden, um noch mehr Unternehmen zu erreichen. Neben Betrieben sind die "Erste Hilfe für die Seele"-Seminare auch offen für interessierte Einzelpersonen, die Ersthelferinnen und Ersthelfer für Jugendliche oder Erwachsene werden wollen. Im Oktober des Vorjahres wurde die Initiative zudem von der Österreichischen Plattform für Gesundheitskompetenz mit dem "Österreichischen Gesundheitskompetenz-Preis" in der Kategorie "Praxis" ausgezeichnet. Pro-Mente-Austria-Präsident Klug dazu: "Nur wenn wir alle wissen, wie wir andere Menschen in psychischen Notlagen unterstützen, können wir als Gesellschaft gut aufeinander schauen."