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Die AfD und ihr unsichtbarer Spitzenkandidat

Die AfD versucht ohne Maximilian Krah in Richtung EU-Wahl durchzustarten - und verliert an Zustimmung.

Maximilian Krahs Auftritt wurde gestrichen.
Maximilian Krahs Auftritt wurde gestrichen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Auftakt des AfD-Europawahlkampfs ohne ihren Spitzenkandidaten Maximilian Krah verspottet. Trotz möglicher Russland- und China-Verbindungen Krahs halte die AfD-Führung einerseits an ihm fest, habe aber andererseits den Wahlkampfauftakt zur Europawahl am Samstag lieber ohne ihn gestaltet. "Erst vom Vorstand gedeckt, dann vom Vorstand versteckt - wie wäre es, wenn die AfD endlich mal mit der Wahrheit herauskommt?", sagte von der Leyen am Sonntag beim NRW-Tag der Jungen Union in Aachen.

Eigentlich hätte Maximilian Krah gemeinsam mit den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla die heiße Phase des Wahlkampfs für die Abstimmung am 9. Juni eröffnen sollen - stünde er nicht seit Wochen wegen Berichten über mögliche Verbindungen zu prorussischen Netzwerken und zu China in den Schlagzeilen. Nach einem Krisentreffen Weidels und Chrupallas mit Krah teilte die Partei vergangenen Mittwoch mit, Krah verzichte auf einen Auftritt zum Auftakt in Donaueschingen, "um den Wahlkampf sowie das Ansehen der Partei nicht zu belasten". Andere Auftritte wurden teils ebenfalls gestrichen, auch Wahlwerbespots mit Krah soll es nicht geben.

Chrupalla dankte Krah am Samstag, dass er auf den Auftritt verzichtet hat - und rief dazu auf, die Reihen zu schließen. "Es ist mittlerweile abenteuerlich, mit welchen Mitteln unsere Partei zersetzt werden soll, wie man unsere Partei beschädigen will, wie man Unruhe stiften will und Misstrauen", sagte Chrupalla.

Co-Chefin Weidel nannte Krahs Namen nicht ein einziges Mal und hielt sich stattdessen an das Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Ihre Rede war eine Aneinanderreihung bewährter AfD-Klassiker: Sie schimpfte auf Politiker der Ampel-Parteien, sprach von "geballter Inkompetenz". Sie machten gezielt Politik gegen die eigene Bevölkerung, sagt Weidel. Und wer die Ukraine unterstützen wolle, der solle bitte selbst dorthin gehen. Der Saal tobte nach ihrer Rede, fast alle sprangen von den Stühlen auf.

Ein Problem hat die AfD aber nicht nur mit ihrem Europa-Spitzenkandidaten Krah. Auch gegen den Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, der auf Platz zwei der Liste steht, gibt es Vorwürfe zu Russland-Verbindungen. Staatsanwaltschaften prüfen nach Medienberichten über mögliche Geldzahlungen bei beiden, ob Ermittlungen aufgenommen werden - bei Krah zudem, ob es Ermittlungen wegen möglicher chinesischer Zahlungen geben soll. Einer seiner Mitarbeiter wurde wegen mutmaßlicher Spionage für China verhaftet. Der sächsische AfD-Politiker selbst ist nach Aussagen kritischer Parteikollegen immer wieder mit pro-chinesischen Äußerungen und Aktivitäten aufgefallen. Beide Politiker haben gegenüber der AfD-Spitze versichert, kein Geld genommen zu haben.

Sollten sich die Vorwürfe trotzdem bewahrheiten, drohen ihnen Konsequenzen, machte Chrupalla am Wochenende erneut deutlich. Wer nachweislich käuflich sei, der müsse gehen. "Aber es muss bewiesen und nachgewiesen werden."

Doch ein Teil der AfD-Sympathisanten scheint bereits verunsichert zu sein. In einer Umfrage des Insa-Instituts zur Europawahl für die "Bild am Sonntag" rutscht die Partei um zwei Punkte auf 17 Prozent im Vergleich zu einer Insa-Befragung vor zwei Wochen. Damit liegt sie weit hinter der Union (29 Prozent) und nur noch knapp vor der SPD (16).

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